Die Lokomotiven der Baureihe 139

1. Überblick

Die Loks der Baureihe E40.11 bzw. 139 entstanden als Steilstreckenvariante der E40/140 und sind mit einer elektrischen Widerstandbremse ausgerüstet. Die elektrische Widerstandbremse entspricht der in der Baureihe E10/110/112 eingesetzten E-Bremse, auf die die langsameren E40/140 verzichten mussten.

Äußerliches Erkennungsmerkmal zur gewöhnlichen E40/140 sind die Lüftungsschlitze in der Dachhaube auf der rechten Lokseite. Diese gibt es nur bei der E10/110/112 und E40.11/139, nicht bei den E40/140.

Insgesamt wurden zwischen 1960 und 1965 durch die Deutsche Bundesbahn 31 Lokomotiven beschafft. Zwischen 1993 und 1995 wurden bei der DB AG zusätzlich 18 Loks der Baureihe 110 zur Baureihe 139 umgebaut, unter Verwendung der Drehgestelle von ausgemusterten Loks der Baureihe 140.

2. Bauserien

Die ursprünglichen 31 Fahrzeuge entstanden in 4 Bauserien, mit nur wenigen Fahrzeugen pro Baulos. Alle Loks wurden durch Krauss-Maffei gebaut.

• Im Jahr 1960 entstanden durch Nachrüstung der elektrischen Bremse bei den in Offenburg stationierten Loks E40 131 bis 137 die neu als E40 1131 bis 1137 bezeichneten Fahrzeuge (7 Loks, bereits 1959 durch Krauss-Maffei geliefert). Ab 1968 wurden diese als 139 131 bis 137 bezeichnet.
Diese Loks entsprachen in ihrem Aussehen den Loks der Bauserie bis E40 162, mit einfachen unteren Spitzenlichtern und grossem dritten Spitzenlicht. Änderungen ergaben sich bei den Lüftergittern: Anstelle der Schweiger-Gitter mit waagrechten Lamellen kamen bei E40 1131 bis 1137 Doppeldüsen-Lüftergitter mit senkrechten Lamellen zum Einsatz.

• Zeitgleich zu den Umbauten wurden - ebenfalls im Jahr 1960 - als Neubauten die Loks E40 1163 bis 1166 beschafft (4 Fahrzeuge). Diese Loks waren die ersten E40, die ab Werk mit Doppellampen ausgestattet waren. Bei den parallel gebauten E10 erfolgte diese Änderung ab E10 216. Ab 1968 wurden diese vier Loks zu 139 163 bis 166 umgezeichnet.

• Erst im Jahr 1964 wurde die Beschaffung fortgesetzt, es entstanden die Loks E40 1309 bis 1316 (8 Loks), später als 139 309 bis 316 bezeichnet. Äußerlich ergaben sich bei der Ausführung der Führerstandsgriffstangen kleine Änderungen, diese sind jetzt zweiteilig ausgeführt.

• In den Jahren 1964/1965 folgten die E40 1552 bis 1563 (12 Loks), später zu 139 552 bis 563 umgezeichnet. Die Loks gleichen in ihrem Äußeren den zuvor gelieferten E40 1309 bis 1316.
Damit gab es von Aussehen her im Anlieferungszustand zwei Gruppen: Sieben Loks mit Einfachlampen und die restlichen 24 Loks mit Doppellampen. Alle Loks besaßen ursprünglich eine Regenrinne, Doppeldüsen-Lüftergitter und eine chromoxydgrüne Lackierung, die ab 1959 eingeführt wurde.

3. Einsatz bei der Deutschen Bundesbahn

Die vier vorgenannten Bauserien hatten in ihren Anfangsjahren unterschiedliche Einsatzgebiete:

• E40 1131 bis 1137 wurden für einen Einsatz auf der Höllentalbahn (FreiburgNeustadt/Seebrugg) aus normalen E40 umgebaut. Die Notwendigkeit ergab sich durch die Umstellung der Höllentalbahn auf konventionellen Bahnstrom (162/3 Hz, zuvor 50 Hz) und die Abstellung der 50 Hz E-Loks der Baureihe E244 sowie der Dampfloks der Baureihe 85. Diese Fahrzeuge waren bis Mitte der 90er Jahre im Schwarzwald beheimatet.
Die Lok 139 134 wurde im Februar 1985 in 110 511 umgebaut, um die verunglückte 110 477 zu ersetzen und im Folgenden in Köln-Deutzerfeld eingesetzt.

• Die Neubauten E40 1163 bis 1166 waren ab 1960 ebenfalls in Offenburg stationiert. Bereits 1963 wurden diese vier Loks nach Dortmund umgesetzt, zum Einsatz als Schiebelok auf der neu elektrifizierten Rampe Erkrath-Hochdahl. Ab 1964 erfolgte die Beheimatung in Hagen-Eckesey. Im Höllental erfolgte Ersatz durch die Baureihe E44.11/145, es wurden damals alle Loks der Baureihe E44 mit funktionsfähiger E-Bremse in Freiburg zusammengezogen.

• Die 1964 nachbeschafften Loks E40 1309 bis 1316 waren zunächst in Hannover/Seelze stationiert, ab 1965 in Hagen-Eckesey (1309 bis 1314) bzw. in Bebra (1315 und 1316). Der Einsatz erfolgte dort parallel zu konventionellen E40. Es sollte erprobt werden, ob die elektrische Bremse Vorteile auf Mittelgebirgsstrecken (Ruhr-Sieg-Strecke, Nord-Süd-Strecke) hat.

• Die Ende 1964 und 1965 gelieferten E40 1552 bis 1663 waren zunächst in Hannover/Seelze stationiert und ab 1965 in Bebra beheimatet. Es zeigte sich, dass die Loks im Vergleich zur konventionellen E40, unter Berücksichtigung der höheren Anschaffungskosten, keine Vorteile bei Bremsklotz- und Radreifenverschleiß brachten und deshalb nur noch E40/140 ohne E-Bremse weiterbeschafft wurden.
Bis Mitte der 70er Jahre ergab sich eine Verteilung von 7 Loks in Offenburg, 10 Loks in Hagen Eckesey und 14 Loks in Bebra.

• Während der olympischen Sommerspiele 1972 waren die Loks 139 131 und 136 leihweise beim Bw München Hbf tätig. Diese Loks waren zuvor im Jahr 1971 mit Wendezugsteuerung ausgestattet worden.

• Mit der Elektrifizierung der Schwarzwalbahn (Offenburg-Villingen-Konstanz) ergab sich ab 1975 ein Mehrbedarf an Loks mit elektrischer Bremse im Südwesten. Zudem zeichnete sich das Einsatzende der 16 Freiburger Loks der Baureihe 145 bis Ende der 70er Jahre ab. Deshalb wurden ab September 1975 alle Loks der Baureihe 139 in Offenburg zusammengezogen. Mit der Aufgabe der E-Lok-Beheimatung in Offenburg wurden die Loks zum September 1986 nach Mannheim abgegeben, an den Einsatzschwerpunkten auf Schwarzwald-, Höllental- und Dreiseenbahn änderte sich nichts.

• Ab 1990 wurden Leistungen der Baureihe 139 zunehmend durch 150 von der Deutschen Reichsbahn leihweise übernommenen Loks der Baureihe 143 ersetzt. Diese ersetzten zunächst die nicht mit Wendezugsteuerung ausgestatten 139 auf der Schwarzwaldbahn, die ab 1991 zum Bw München Hbf umgesetzt wurden.

• Mit Umstellung der Zuggarnituren im Höllental auf Doppelstockwagen und „143er-Sandwiches“ endete die Beheimatung der 139 in Mannheim im September 1995, die Loks waren fortan alle in München West stationiert.

4. Umbauten und Modernisierungen

Während ihrer Einsatzzeit bei der Deutschen Bundesbahn unterlagen die 139 analogen Modernisierungsmaßnahmen wie alle Einheits-Eloks, z.B. :
- fallweiser Ersatz der Einfachlampen durch Doppellampen - fallweiser Ersatz der Doppeldüsen Lüftergitter durch eckige Klatte Lüftergitter - Abbau der Regenrinnen - Abbau der stirnseitigen Haltestangen und Tritte durch kleine UIC-Aufstiege und –griffe - fallweise Vorbereitung für automatische Kupplung - Lackierungen in ozeanblau/beige (ab 1974) und orientrot (ab 1988).
Alle Loks der Baureihe 139 wurden für den Einsatz im Schwarzwald mit Schneeräumern ausgestattet, diese wurden u.a. den Loks ab 140 757 entnommen.
Eine Wendezugsteuerung erhielten die folgende Fahrzeuge: - 139 131 und 136 im Jahr 1971 - 139 135 und 137 im Jahr 1985 - 139 309 bis 316 im Jahr 1988
Es ergaben sich vielfältige Varianten „uneinheitlicher Einheits-Eloks“, die die Fahrzeuge für eine Nachbildung im Modell interessant machen.

5. Einsätze in den 70er und 80er Jahren - einige Fotos aus dem Südwesten

a) Die Loks 139 131 bis 137 - die typischen „Höllentäler“
Zwischen 1959 und 1986 waren die Loks 139 131 bis 137 in Offenburg stationiert und meist von Freiburg aus auf der Höllentalbahn eingesetzt. Diese änderte sich auch mit der folgenden Beheimatung in Mannheim kaum. Als letzte Lok wurde im September 1995 139 136 nach München umstationiert.

139 134 Freiburg Feb 1980

Bild 1: Freiburg Hbf, 1. Februar 1980
139 134 steht mit einem Eilzug nach Neustadt abfahrbereit auf Gleis 6. Interessant der Altbaugepäckwagen der Bauart Dye 973. Fünf Jahre später, im Februar 1985, wurde diese Lok zur 110 511 umgebaut.

Bild 2 (unten): Bw Freiburg, Juli 1979
Hier stehen 139 134 und 135 im Bw Freiburg. Beide Loks haben bereits die ursprüngliche Regenrinne verloren, die Ausrüstung mit Gummileisten über den Frontfenstern hatte noch nicht eingesetzt. 139 135 erhielt einen UIC Auftritt an der Stirnseite, aber noch keine zugehörigen Handgriffe (einzige bekannte Lok in dieser Ausführung). Bei 139 134 wurde nachträglich der umlaufende Stirntritt tiefer gesetzt (auf Höhe des Rahmens), 139 135 zeigt die ursprüngliche Anordnung oberhalb des Rahmens. Beide Loks besitzen die Doppeldüsen-Lüftergitter mindestens seit ihrem Umbau zur E40.11 im Jahr 1960.

139 134 und 135 Freiburg Juli 1979

139 135 und 211 042 Denzlingen

Bild 3 (oben): Denzlingen 27. Juni 1981
Auch außerhalb der Höllentalbahn kam es zu gelegentlichen Einsätzen. Am 27 Juni 1981 fiel 211 042 vor ihrem Wendezug nach Elzach in Denzlingen mit einem Defekt aus. 139 135 leitete Abschlepphilfe und holte die 211 ins heimatliche Bw Freiburg zurück.

139 131 Titisee 1981

Bild 4 (rechts): Titisee Juni 1981:
Im Jahr 1971 wurden die beiden Loks 139 131 und 136 mit Wendezugsteuerung ausgerüstet. Bis 1985 waren dies die einzigen wendezugfähigen Loks der BR 139. Zu den Einsätzen gehörten die Pendelzüge Titisee-Seebrugg auf der Dreiseenbahn. Zuvor waren hier ET 85 eingesetzt worden. Im Jahr 1979 erhielten beide Loks eine Lackierung in ozeanblau/beige. Die bei 139 131 zuvor noch vorhandene Regenrinne entfiel, die Griffstangen und Trittroste wurden abgebaut und durch UIC Aufstiege ersetzt und die Loks erhielten eckige Klatte-Lüftergitter. Hier schiebt 139 131 ihre Garnitur aus Bn, ABn und BDnf 735 von Titisee nach Seebruck.

139 131 und 139 561 Neustadt 1981

Bild 5 (links): Neustadt Juni 1981:
Auch Neustadt im Schwarzwald wurde durch den 2 tägigen Wendezug-Umlaufplan erreicht. 139 131 steht auf Gleis 2 zur Abfahrt nach Freiburg bereit. Auf Gleis 3 wartet 139 561 auf einen Eilzug aus Richtung Donaueschingen, der in Neustadt von Dieseltraktion auf E-Lok umgespannt wird, um dann die Fahrt nach Freiburg fortzusetzen.

Bild 6 (unten): Neustadt Juli 1981:
Ein paar Tage später war die Wendezuglok 139 136 in Neustadt zu sehen. Diese Lok hatte einseitig am FST 2 Doppellampen erhalten.

139 136 Neustadt 1981

139 136 Titisee Jan 1983

Bild 7 (oben): Titisee Januar 1983:
139 136 zieht ihren Wendezug FST 1 voraus in Richtung Freiburg. Diese Seite ist noch mit alten Lampen ausgestattet.

139 136 und 131 Freiburg April 1980

Bild 8 (links): Freiburg April 1980:
Eine sehr interessante Leistung war ein am Vormittag von Freiburg nach Seebrugg und Neustadt verkehrender Eilzug. Der vordere Zugteil verkehrte nach Neustadt, der hintere Zugteil ab Titisee nach Seebrugg. In der Regel wurden dafür die beiden vorhanden Wendezugloks herangezogen. Hier mit 139 131 als Zuglok, dann folgen BDnf, ABn und Bn nach Neustadt und BDnf, ABn und Bn nach Seebrugg, geschoben von 139 136.

Bild 9 (unten): Kirchzarten Juni 1981:
Neben den Wendezügen verkehrten im Höllental zahlreiche Zuggarnituren als konventionelle Wagenzüge. Typisch waren Kurswagen, die in Freiburg auf Schnellzüge übergingen. Hier 139 133 (Vorbild des Roco Modells) mit einer Wagengarnitur bestehend aus BDm 272, ABm 225, Bm 232 und einem Bn am Zugschluß. Diese Lok besitzt am FST 1 Doppellampen, am FST 2 verblieben die alten, einfachen Lampen.

139 133 KIRCHZARTEN 1981

139 137 Neustadt 1981

Bild 10 (oben): Neustadt Juli 1981:
Bei Mangel an Wendezugloks kamen konventionelle 139 zum Einsatz und es musste umgespannt werden. Hier 139 137 in Neustadt. Diese Lok gehört neben 139 133 und 136 zu den gemischt „belampten“ Exemplaren. Sie besitzt am FST 2 die alten, einfachen Spitzenlichter, während an FST 2 Doppellampen angebaut sind. Im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen entfielen bei dieser Lok die umlaufenden Griffstangen, sie durfte aber ihre grüne Farbgebung behalten. Später erhielt diese Lok als einzige 139 Lüftergitter der Bauart Schweiger mit waagrechten Lamellen (die die Baureihe 139 nie zuvor hatte) und ab 1985 gemeinsam mit 139 135 eine Wendezugsteuerung, so dass dann mit 4 Wendezugloks der Lokeinsatz flexibler gestaltet werden konnte.

139 137 IVgr 21 Denzlingen Juni 1980

Bild 11 (links): Denzingen Juni 1980:
Die „Freiburger“ 139 131 bis 137 liefen überwiegend im Reisezugdienst, fallweise gab es aber auch Güterzüge zu befördern. Hier 139 137 mit FST 1 voran, der mit Doppellampen ausgestattet ist. Sehr gut ist auch die Vorbereitung auf automatische Kupplung erkennbar, die nur wenige 139 erhalten haben.

139 133-3 Singen 10.06.89

Bild 12 (rechts): die 139er verschlug es auch vor allem über die Schwarzwaldbahn oft nach Singen (Hohentwiel). Hier wartet unsere 139 133-3 am 10.06.1989 auf Gleis 34 (”Reservestumpen”) auf neue Aufgaben. Rechts im Bild ist noch die ehemalige Lokleitung auszumachen.

139 133-3 Singen 26.09.1978-1

Bild 13 (oben): 139 133-3 steht am 26.09.1978 mit einer interessanten Garnitur nach Offenburg in Singen (Hohentwiel). Im Gegensatz zum Bild 12 (oben) trug die Maschine damals noch den etwas größeren “DB- Keks”. Im Hintergrund sind noch einige Diesellokomotiven in der Singener Abstellgruppe zu erkennen

139 133-3 Singen 13.06.84

Bild 14 (oben): Die gleiche Maschine rangiert am 13.06.1984 im Bahnhof Sngen. Bei den beiden Aufnahmen erkennt man schön die unterschiedlichen Stirnseiten.

139 560-7 Stuttgart D12384 02.09.1987

Bild 15 (links): 139 560-7 schiebt am 02.09.1987 den D 12384 in den Stuttgarter Abstellbahnhof. Bei der Garnitur dürfte es sich um den Ersatzzug des regulären D 384 (Napoli C – Stuttgart) gehandelt haben der an diesem Tag wohl massiv verspätet war oder ausfiel. Die Baureihe 139 war mit solchen Sonderleistungen öfters auf der Gäubahn anzutreffen. Sehr schön auch die 5- tlg. FS- Wagengarnitur. Damals bemühte man sich noch die Reisenden an ihr Ziel zu bekommen.

139 164-8 Stuttgart D 384 20.10.1986

Bild 16 (rechts): Nach knapp 19 Stunden Fahrt erreicht der diesmal reguläre D 384 welcher Napoli C fahrplanmäßig um 19:00 verließ und um 13:54 Stuttgart Hbf erreichen sollte mit der grünen 139 164-8 sein Ziel (Stuttgart Hbf, 20.10.1986) Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Maschine noch weitestgehend im Ursprungszustand.

139.555-7 Göppingen 17.07.1987

Bild 17 (oben) Neben den Güterzugleistungen auf der Rheintalstrecke traf man die Baureihe 139 u.a. auch in Richtung Österreich an. 139 555-7 durchfuhr mit der “Rollenden Landstraße” Sgk 42121 Mainz- Bischofsheim (?) – Wels am 17.07.1987 den Göppinger Bahnhof. In der Garnitur der damals typische österreichische Begleitwagen.

Wird fortgesetzt

Quellen:
Literatur: - Hertwig, R.: Die Baureihe E40, EK-Verlag 2013 - Scharf, H.-W.; Wollny, B.: Die Höllentalbahn, EK Verlag 1987

Bilder: Reiner Rössle, Stefan Körner, reisezugwagen.eu